Ach, was waren die Vorzeichen doch opulent: Wochenlang rührte ProSieben die ganz große Werbetrommel für seine beiden Neuzugänge Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf und ihre Show Circus HalliGalli – mit Trailern, die von elefantösem Größenwahn, aber auch immanenter Akkuratesse kündeten und fast wie ein Versprechen wirkten. Ein Versprechen, das gebrochen wurde, denn der Premiere von Circus HalliGalli hat der selbstaufgebaute Druck ganz offensichtlich geschadet. Statt mit frischem Konzept einen Neustart bei ProSieben zu wagen, haben Joko und Klaas das altbekannte neoParadise in ein aufgeräumteres und größeres Studio gepresst und ihm einen neuen Namen verpasst.
Ansonsten ist fast alles beim Alten geblieben: Oma Violetta ist genauso wie Paulina und Olli Schulz erneut mit von der Partie und die altbekannte, zwischen Sofa- und Schreibtischtäter differenzierende Sitzordnung wurde zwar seiten-verkehrt, ansonsten aber beibehalten – welch‘ raffinierter Schachzug! Und natürlich darf die in jeder Sendung wechselnde Schrankband wieder zum Playback zappeln. Dass man sich zur Premiere allerdings ausgerechnet Cro einladen musste, der bei neoParadise zumindest gefühlt Dauergast war, zeugt dann auch nicht von großer Innovationsfreude.
Genauso wenig originell geht es im ersten Einspielfilm weiter: Joko und Klaas sind acht Stunden lang auf dem Kölner Karneval unterwegs und müssen in dieser Zeit zu allem Ja sagen – die neoParadise-Reihe Wenn ich Sie wäre und Hollywood lassen grüßen. Und um jede Hoffnung auf Neuerung gleich im Keim zu ersticken, triezen sich Joko und Klaas mit vorbereiteten Gags, statt sich von Karnevalisten Aufgaben stellen zu lassen und der abgehalfterten Selbstkasteiung damit zumindest eine neue Richtung zu geben. Wirkliche Stimmung kommt somit nicht auf, vor allem auch, weil der Einspieler mit zehn Minuten viel zu lang geraten ist. In einem zweiten Einspieler ist Olli Schulz als sein – natürlich – neoParadise-Alter-Ego Charles Schulzkowski zu sehen, wie er auf einer Berlinale-Party versucht, Prominente abzufüllen.
Allen Gästen ist die Anwesenheit des aufdringlichen Circus HalliGalli-Außenreporters nach kurzer Zeit sichtbar unangenehm, zumal es sich Olli Schulz zur Aufgabe macht, seiner Rolle gerecht zu werden, um schlussendlich betrunken und randalierend vor die Tür gesetzt zu werden. Egal, was man von derartiger Anarcho-Comedy halten mag: Erneut ist der Einspieler mit über zehn Minuten Laufzeit viel zu lang geraten und verliert dabei seine Wirkung. Gelungen sind zwei weitere Einspielfilme mit Oliver Pocher, der in bester Fight Club-Reminiszenz vor dem Studio ausharrt und sich von Joko und Klaas abwechselnd anhören muss, dass er nicht in die Sendung gelassen wird. Retten können die Circus HalliGalli aber auch nicht mehr, denn zwischen all den Einspielern ist noch Helge Schneider zu Gast, darf Sido ein Liedchen vom neuen Album trällern, bringen zwei Kleinwüchsige im Tretauto Thüringer Klöße ins Studio und hat Wolfgang Lippert einen Kurzauftritt.
Die für den schnellen, billigen Witz bis ins Kleinste fragmentierte Sendung geht nicht auf, ist weder Talkshow noch Comedy-Brüller, ist kein richtiges neoParadise mehr und enttäuscht dabei trotzdem alle, die auf etwas Neues gehofft hatten. Zu unflexibel kommt Circus HalliGalli daher, um wirklich Spaß zu machen; ist dabei aber zu unstrukturiert, um sich vollständig in der Show verlieren zu können. Hoffen wir, dass Joko und Klaas nach dieser durchwachsenen Premiere Ernst machen und sich in den kommenden Wochen etwas dynamischer und experimentierfreudiger in der selbstgewählten Manege bewegen. Dann aber bitte ohne Wolfgang Lippert.
Circus HalliGalli, montags um 22:15 Uhr auf ProSieben