GLOTZE.tv

26. Februar 2013
Kein Kommentar

Circus HalliGalli, ProSieben

„Circus HalliGalli“: Mit Netz und doppeltem Boden

Ach, was waren die Vorzeichen doch opulent: Wochenlang rührte ProSieben die ganz große Werbetrommel für seine beiden Neuzugänge Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf und ihre Show Circus HalliGalli – mit Trailern, die von elefantösem Größenwahn, aber auch immanenter Akkuratesse kündeten und fast wie ein Versprechen wirkten. Ein Versprechen, das gebrochen wurde, denn der Premiere von Circus HalliGalli hat der selbstaufgebaute Druck ganz offensichtlich geschadet. Statt mit frischem Konzept einen Neustart bei ProSieben zu wagen, haben Joko und Klaas das altbekannte neoParadise in ein aufgeräumteres und größeres Studio gepresst und ihm einen neuen Namen verpasst.

Ansonsten ist fast alles beim Alten geblieben: Oma Violetta ist genauso wie Paulina und Olli Schulz erneut mit von der Partie und die altbekannte, zwischen Sofa- und Schreibtischtäter differenzierende Sitzordnung wurde zwar seiten-verkehrt, ansonsten aber beibehalten – welch‘ raffinierter Schachzug! Und natürlich darf die in jeder Sendung wechselnde Schrankband wieder zum Playback zappeln. Dass man sich zur Premiere allerdings ausgerechnet Cro einladen musste, der bei neoParadise zumindest gefühlt Dauergast war, zeugt dann auch nicht von großer Innovationsfreude.

Genauso wenig originell geht es im ersten Einspielfilm weiter: Joko und Klaas sind acht Stunden lang auf dem Kölner Karneval unterwegs und müssen in dieser Zeit zu allem Ja sagen – die neoParadise-Reihe Wenn ich Sie wäre und Hollywood lassen grüßen. Und um jede Hoffnung auf Neuerung gleich im Keim zu ersticken, triezen sich Joko und Klaas mit vorbereiteten Gags, statt sich von Karnevalisten Aufgaben stellen zu lassen und der abgehalfterten Selbstkasteiung damit zumindest eine neue Richtung zu geben. Wirkliche Stimmung kommt somit nicht auf, vor allem auch, weil der Einspieler mit zehn Minuten viel zu lang geraten ist. In einem zweiten Einspieler ist Olli Schulz als sein – natürlich – neoParadise-Alter-Ego Charles Schulzkowski zu sehen, wie er auf einer Berlinale-Party versucht, Prominente abzufüllen.

Allen Gästen ist die Anwesenheit des aufdringlichen Circus HalliGalli-Außenreporters nach kurzer Zeit sichtbar unangenehm, zumal es sich Olli Schulz zur Aufgabe macht, seiner Rolle gerecht zu werden, um schlussendlich betrunken und randalierend vor die Tür gesetzt zu werden. Egal, was man von derartiger Anarcho-Comedy halten mag: Erneut ist der Einspieler mit über zehn Minuten Laufzeit viel zu lang geraten und verliert dabei seine Wirkung. Gelungen sind zwei weitere Einspielfilme mit Oliver Pocher, der in bester Fight Club-Reminiszenz vor dem Studio ausharrt und sich von Joko und Klaas abwechselnd anhören muss, dass er nicht in die Sendung gelassen wird. Retten können die Circus HalliGalli aber auch nicht mehr, denn zwischen all den Einspielern ist noch Helge Schneider zu Gast, darf Sido ein Liedchen vom neuen Album trällern, bringen zwei Kleinwüchsige im Tretauto Thüringer Klöße ins Studio und hat Wolfgang Lippert einen Kurzauftritt.

Die für den schnellen, billigen Witz bis ins Kleinste fragmentierte Sendung geht nicht auf, ist weder Talkshow noch Comedy-Brüller, ist kein richtiges neoParadise mehr und enttäuscht dabei trotzdem alle, die auf etwas Neues gehofft hatten. Zu unflexibel kommt Circus HalliGalli daher, um wirklich Spaß zu machen; ist dabei aber zu unstrukturiert, um sich vollständig in der Show verlieren zu können. Hoffen wir, dass Joko und Klaas nach dieser durchwachsenen Premiere Ernst machen und sich in den kommenden Wochen etwas dynamischer und experimentierfreudiger in der selbstgewählten Manege bewegen. Dann aber bitte ohne Wolfgang Lippert.

Circus HalliGalli, montags um 22:15 Uhr auf ProSieben

06. Juli 2012
Kein Kommentar

Popstars, ProSieben

„Popstars“ unter sich

Die älteste Castingshow Deutschlands kehrt auf die heimischen Mattscheiben zurück, nachdem ProSieben der Bundesrepublik im Jahr 2011 mit einer österreichischen Staffel fremdgegangen ist – wohl auch, weil die Quoten der vergangenen Staffeln schon lange nicht mehr an die Erfolge früherer Jahre heranreichen konnten und mit The Voice of Germany ein deutlich erfolgs-versprechenderes Format debütierte. Das runde Jubiläum von Popstars lässt sich ProSieben aber nicht nehmen und präsentiert die zehnte Staffel mit vielen Veränderungen. Statt Musikexperten sitzen nun ehemalige Popstars-Kandidaten in der Jury: Neben dem unvermeidlichen Detlef Majuskel-Rufzeichen-D! Soost bewerten Lucy Diakovska (1. Staffel, No Angels), Ross Antony (2. Staffel, Bro‘Sis) und Senna Guemmour (5. Staffel, Monrose) die Leistungen der Kandidaten.

Musikalisch kann die neue Popstars-Kandidaten-Jury zwar kleinere und größere Erfolge vorweisen, alle drei Bands wichen inzwischen allerdings „Soloprojekten“ – taff-Beiträgen, einer Dschungelcamp-Teilnahme und Showmoderationen also. Und auch wenn sich die Jury durchaus gut auskennt mit den temporären Höhen und langandauernden Tiefen einer Musikerlaufbahn, hat der Zuschauer das personifizierte Scheitern und damit die Zukunft auch des zukünftigen Gewinners permanent im Blick. Dieser mehr als offensichtliche Denkfehler bei der Jury-Besetzung ist ProSieben entweder nicht bewusst gewesen oder er wurde zugunsten der Dramaturgie großzügig ignoriert: Zu jeder Emotion der Kandidaten findet sich im üppigen Popstars-Archiv ein äquivalenter Moment der Jury-Mitglieder zu Kandidatenzeiten, der eingespielt werden kann. Wozu auf lustige, spannende, traurige Situationen innerhalb der Jury warten, wenn man diese durch halbwegs passende Einspieler einfach suggerieren kann? Eben – und günstig ist es auch.

Doch nicht nur das Jurykonzept ist neu, Popstars kommt zum Jubiläum auch in frischer Optik und mit leicht abgewandeltem Regelwerk daher. Mit einem überarbeiteten On Air Design erscheint das Format deutlich moderner als noch in der vorangegangenen Staffel und nähert sich der gestalterisch starken Konkurrenz an. Das Regelwerk hingegen wurde nur halbherzig überarbeitet: Ein Kandidat braucht statt zwei von drei Ja-Stimmen nun insgesamt acht Jury-Punkte, um in die nächste Runde zu kommen; jedes Jury-Mitglied darf bis zu drei Punkte vergeben. Nette Idee, nervt aber spätestens mit der dritten Patt-Situation, in der ein Kandidat von drei Jury-Mitgliedern insgesamt fünf Punkte eingeheimst hatte und vom vierten Jury-Angehörigen nun drei Punkte braucht, um nicht auszuscheiden. Der nun folgende Ablauf ist so langwierig wie redundant: Nach moralinsaurer Predigt über das Leben, das Universum und den ganzen Rest (D!), abfälligen Zusammen-fassungen der Kandidatenleistung (Senna) oder unter Schluchzen vorgetragenem Ich-meine-es-nur-gut-mit-dir-Geschwätz (Ross) warten alle auf die Punktevergabe.

Bedeutungsschwere Blicke gehen umher, eine gespannte Stille bestimmt den Raum, alle Augen sind auf den noch stimmberechtigten Kollegen gerichtet. Fast erwartet der Zuschauer ein Raunen oder einen Trommelwirbel, wenn das letzte Jury-Mitglied seinen Finger in Zeitlupe über den Touchscreen bewegt, sekunden-lang innehält, um schließlich, endlich, wahrhaftig, jetzt aber wirklich, mit einem kleinen Klick nur, aber unter sichtbar größter emotionaler und körperlicher Anstrengung, seine Punkte vergibt – um sich danach erschöpft und laut seufzend in den Stuhl fallen zu lassen. Hängt die Entscheidung von Senna ab, folgt nach der Vergabe von einem oder zwei Punkten prinzipiell die Relativierung, durch die der Kandidat doch noch in die nächste Runde erreicht. Das ist ein oder zwei mal durchaus amüsant, kommt in der ersten Folge aber am laufenden Band vor und ist auch deshalb unheimlich anstrengend, weil die angestaute Spannung nach der Punktevergabe durch eine fehlende Publikumsreaktion verpufft.

Und nicht nur derartige Bemühungen trüben die Dramaturgie, sondern auch eine generelle narrative Inkonsequenz: Einige Kandidaten werden mit Homestory und O-Ton von Freunden oder der Familie vorgestellt, andere sind nur mit kurzem Steckbrief präsent und wieder andere werden mit einer Handkamera bei der Vorbereitung auf den Auftritt gefilmt – dass diese Einstellung nicht Kandidaten-Cam heißt, ist auch alles. Anfangs greift Popstars außerdem auf für die Sendung ungewohnte Elemente zurück: Immer wieder werden die größten Castingpannen in DSDS-Manier zwischengeblendet. Bis auf die erwähnten Punkteverkrampfungen verläuft die Sendung dann allerdings reichlich unspektakulär weiter; auch die direkt angeschlossenen Recall-Entscheidung, obwohl sang- und klangvoll, verschwindet ohne Publikum in der Bedeutungslosigkeit – da können auch die neuen Mikrofone, mit denen einzelne Stimmen aus dem Quartett herausgezogen werden können, nicht viel retten.

Im Endeffekt mag das neue Konzept der Mutter aller Castingshows, wie D! nicht müde wird zu betonen, nicht so recht greifen. Der Funke springt nicht über, die Show ist nicht rund, die Euphorie der durchaus unterhaltsamen Jury für den Zuschauer kaum nachvollziehbar. Es bleibt zu hoffen, dass die Sendung sich getreu dem Arbeitstitel „Der Weg ist das Ziel“ noch steigert. Übrigens: Statt dem Bände sprechenden Arbeitstitel hat ProSieben die zehnte Staffel dann doch Popstars goes Ibiza genannt – zu mehr Ehrlichkeit war man in München wohl nicht in der Lage.

Popstars goes Ibiza, donnerstags um 20:15 Uhr auf ProSieben

26. Februar 2012
Kein Kommentar

ProSieben, VIPictures

„VIPictures“: George Clooney und der Obdachlose

Die jährliche Verleihung der Oscars ist für die amerikanische Filmbranche eines der bedeutendsten gesellschaftlichen Ereignisse der Jahres und für einige Glückliche der Lohn harter Arbeit – die Trophäe gilt als einer der wichtigsten internationalen Filmpreise. Eigentlich zu unrecht, denn ausländische Filme haben einen schweren Stand in Hollywood und werden abseits des großen Spektakels hauptsächlich in der Kategorie Best Foreign Language Film of the Year honoriert. Der Faszination für die vermeintliche Traumfabrik schadet das kaum, zumal ProSieben die Verleihung seit einigen Jahren live ausstrahlt und den deutschen Zuschauer an der Mediengala unmittelbar teilhaben lässt. Doch das reicht ProSieben mittlerweile nicht mehr; der Sender begibt sich Jahr für Jahr in einen Marathon aus Vor- und Nachberichterstattung: Ob der finanziellen Schwierigkeiten ausgedehnter Vor-Ort-Recherche rührt man in München gerne allerlei Archiv-material zusammen, das in den Trashmagazinen taff und (aktuell wieder) red schon Wochen vorher auf das große Event vorbereiten soll.

Am Vorabend der Oscar-Verleihung treibt ProSieben es dann auf die Spitze: In diesem Jahr präsentiert Annemarie Warnkross (u.a. taff) in einer neuen Ausgabe von VIPictures „50 Fotos mit Starfaktor“, die unter dem Oberbegriff Hollywood zumeist einen mehr als losen Bezug zum Filmpreis haben: „George Clooney mit einem Obdachlosen auf dem roten Teppich, Mila Kunis mit einem US-Soldaten auf einem Militärball – diese und 48 andere faszinierende Fotos erzähl[en] [...] ungewöhnliche und berührende Geschichten hinter bekannten Bildern und unbekannten Schnappschüssen.“ Wer hinter dieser Pressemitteilung von ProSieben ein Grauen aus Rührseligkeit und Schwarz-Weiß-Denken erwartet, wird nicht enttäuscht: Die Hollywood-Welt des Senders und damit auch die Chartshow der „50 Fotos mit Starfaktor“ besteht aus reichlich Anekdoten, Oscar-Superlativen (Die tränenreichste Oscar-Rede, Der akrobatischste Oscar-Rekord, Der erfolgreichste Oscar-Preisträger), Tierbildern (Hunde! Hunde im Hunde-Luxushotel!! Hunde auf dem roten Teppich!!!) und vermeintlich exklusiven Geschichten, die sich bei näherem Betrachten rasch entzaubern.

Dass Jesse Heiman medial zum wohl bekanntesten Komparsen Hollywoods gekrönt wurde, ist fast ein Jahr her, noch älter ist da nur noch die Meldung über den realen Nachbau des Tron-Motorrads. Und Bilder von Sandra Bullock auf der letztjährigen Oscar-Verleihung wurden bereits in stundenlangen taff-Beiträgen verwurstet und sind obendrein kaum ungewöhnlich. Das an sich ist allerdings nicht schlimm, stünde hinter den Geschichten wirklich ein Very Important Picture, über das es zu berichten lohnte. Leider bestimmen zumeist ausdruckslose Fotos, Stills und Symbolbilder das Ranking; erst durch bewegtes Archivmaterial schafft es die Sendung, überhaupt eine Geschichte zu konstruieren. Moderiert wird das Sammel-surium aus seelenlosem Boulevard aus einem in Lila und Rosa gehaltenen Studio, in dem sich die Produzenten austoben: Annemarie Warnkross wird verdoppelt, verdreifacht, gestaucht und in virtuelle Hubschrauber gepackt – schlimmer wurde talktalktalk damals auch nicht inszeniert.

Geschenkt, denn Boulevard wem Boulevard gebührt. Doch da die grundsätzlich positive Weltsicht ProSiebens auf Hollywood einer kritischen Berichterstattung im Wege steht, schaffen es auch Szenen in die Sendung, bei der die positiv konnotierte Platzierung verwundert und die rein gar nichts mehr mit Boulevard zu tun haben: Welche Vorbildfunktion gibt beispielsweise Herbert Chavez ab, der sich operativ in einen Clark Kent-Doppelgänger verwandelt hat? Wieso ignoriert ProSieben die Tatsache, dass die nicht einmal zweijährige Tyler Sercombe von ihrer Mutter instrumentalisiert wird, um an Autogramme zu gelangen – und bezeichnet das wehrlose Kind stattdessen euphemistisch als jüngste Autogrammjägerin Hollywoods? Und warum schafft es die sensationslüsterne L.A. Gang Tour in eine Trivialsendung, in der die Verharmlosung von Ganggewalt nicht hinterfragt wird? Gerade derartige Beiträge hinterlassen einen bitteren Beigeschmack einer Sendung, die es weder schafft, spannende Geschichten zu erzählen und in der kaum ein Bild als very important durchgehen kann. Mehr noch, derartige Beiträge vermiesen den Spaß an den wenigen Perlen, die VIPictures anbietet, etwa die der Twilight-Stadt Forks. Schade, dass man bei ProSieben die im Grunde gute Idee mit geringstmöglichem Aufwand realisiert hat – und damit bloß eine längere Ausgabe von taff auf Sendung schickte, die die Faszination Hollywoods nicht einzufangen vermag.

23. Februar 2012
Kein Kommentar

Germany's Next Topmodel, ProSieben

Die neue Unentschlossenheit der Heidi Klum

Heidi Klum sitzt blass und kraftlos in ihrem Jurysessel, vom Selbstbild der entschlossenen Geschäftsfrau und des dauergrinsenden Fernsehstars scheint sie in diesem Augenblick weit entfernt. Sie wirkt reichlich deplatziert mitten in einem Studio, das versucht, mit Industriecharme zu kokettieren und Klums Erfolgsshow Germany‘s Next Topmodel auf die nächste Stufe der Fernsehunterhaltung zu hieven. In blaues Licht getaucht, mit einem Wandgebläse aus Plastik im Hinter-grund und der Jury vor Augen, laufen Dutzende junge Frauen um drei Monate Fernsehpräsenz und die Chance auf den zweifelhaften Titel Germany‘s Next Topmodel. Sie sind wenige aus den vielen Tausend, die sich Jahr für Jahr bewerben und es in die Vorauswahl schaffen, aus der wiederum nur 25 Kandidatinnen in die zweite Runde einziehen dürfen.

ProSieben hat aufgerüstet für die siebte Staffel, um die Quotenpannen der letzten Jahre vergessen zu machen und um im Zweifel gegen Das perfekte Model (VOX) gewappnet zu sein, das erste Konkurrenzformat überhaupt seit Bestehen der Show. Ausnahmsweise betrifft das in diesem Jahr nicht die Jury um Heidi Klum, die mit Designer Thomas Rath und Modelagent Thomas Hayo in der gleichen Besetzung wie im Vorjahr antritt. Auch Jorge Hoche González als Laufstegtrainer strahlt wieder mit den Hoffnungen der Kandidatinnen um die Wette. Ein Vorteil, wie sich bereits zu Beginn der ersten Folge herausstellt, denn die sonst so dominante Patin der Talentschmiede scheint geistig abwesend, nickt bloß ab und an, gibt hier und da einen Kommentar ab – die Show schmeißen ihre drei Kollegen, von der Allmacht der Heidi Klum ist wenig zu spüren.

Da hilft auch der neue selbstauslösende Fotoapparat wenig, mit dem die Kandidatinnen sich ablichten sollen, um ihre Fotogenität zu beweisen: Ein interessantes neues Element, das dem Zuschauer die teils undurchsichtigen Juryentscheidungen zumindest ansatzweise näher bringen soll, verblasst ob der Vorhersehbarkeit. Denn echte Überraschungen gibt es nicht, es gilt die einfache Faustregel: Kandidatinnen, die in vorher gezeigten Einspielfilmchen einen Seelenstriptease hinlegen, sind weiter, die ohne fliegen raus. Elemente, die aus
The Voice of Germany (ProSieben), X Factor (VOX) und Deutschland sucht den Superstar (RTL) bestens bekannt sind. In den ersten zwei Stunden der ersten Folge lässt die Jury so eine Handvoll Jungmodels über den Laufsteg flanieren, danach wird im Schnelldurchlauf die große Masse durchgewunken, um die anschließende Präsentation einer Kollektion von Designer Guido Maria Kretschmer noch in die Sendezeit pressen zu können. Konsequent, denn das nichtvorhandene Interesse an den Kandidatinnen muss so gar nicht erst geheuchelt werden.

Da passt es auch prima ins Bild, dass Heidi Klum, sonst immer wort- und federführend, das Publikum über die Zukunft einer Kandidatin in der Show entscheiden lässt. Schlechte Voraussetzungen sind das für eine Castingshow, die ihren einstigen Glanz längst verloren hat und nun versucht, das Model aus Bergisch Gladbach stärker in den Vordergrund zu rücken: Es wird eine Heidi-Cam geben, die Klum in privaten Situationen ablichten soll – eine kluge PR-Strategie für eine Frau, deren Beziehungsprobleme einen lupenreinen Start der Hochglanzmaschinerie Germany‘s Next Topmodel zu überschatten drohten. Doch damit ist das Ende der Inszenierung noch nicht erreicht, denn altbekannte Muster in der Dramaturgie lassen die Neuerungen in puncto Show und Studio schnell vergessen: Die Reiche, die Schüchterne, die Aufmüpfige, die Angepasste sind bald gefunden, das Scheidungskind, die Umweltbewusste, das Schicksalskind samt Homestory abgebildet, die Dicke abgewiesen.

Die Konflikte sind vorprogrammiert und sehnlichst erwünscht, die immer gleichen Phrasen lassen die Kommunikation zwischen der selbsternannten Modelmama Klum und den despektierlich als Mädchen bezeichneten jungen Frauen zu einer Farce aus Plattitüden verkommen. Nicht viel Neues also für den Zuschauer – für ProSieben hingegen die Möglichkeit, überschüssige Sendezeit in taff und Galileo mit sinnlosem Inhalt zu füllen und endlich neue Folgen von red zu versenden, der profillosem Resteverwertung direkt im Anschluss. Die gesamte Oberflächlichkeit ist zurück und zumindest Kandidatin Sara hat erkannt: „Jedes Mädel, das hier hergeht und sagt, es ist nicht irgendwo mediengeil, das lügt. Und das trifft weniger auf die Mädchen zu als auf Jury, Designer und Fotografen, die Germany‘s Next Topmodel im siebten Jahr in Folge als Werbeplattform nutzen – nur mit deutlich weniger Schwung als in den ersten Staffeln.

Germany‘s Next Topmodel, ab dem 23. Februar 2012 immer donnerstags auf ProSieben