GLOTZE.tv

05. März 2012
Kein Kommentar

Sat.1, The Biggest Loser

„The Biggest Loser“: Schlanke Unterhaltung ohne Mehrwert

ProSieben und kabel eins haben ihr Fett schon wegbekommen, jetzt darf Sat.1 ordentlich schwitzen: Die bisher eher zuschauerschwache Abnehmshow The Biggest Loser läuft seit drei Jahren im deutschen Fernsehen und quälte Zuschauer und Kandidaten am Sonntagvorabend mit einer dreistündigen neuerlichen Fett-Weg-Runde. Auch in Staffel vier hat sich das Konzept der Sendung nicht verändert: 24 adipöse Kandidaten kämpfen in Zweierteams mit ihren Pfunde und um den Titel The Biggest Loser. In Challenges genannten Wettbewerben wird gegen die Kilos gebuddelt, gerannt, geschwommen und geradelt – das Team mit dem geringsten Gewichtsverlust fliegt am Ende der Woche aus der Sendung. Die typische Konkurrenzsituation wird angeführt von Kickbox-Weltmeisterin Dr. Christine Theiss, unterstützt von zwei Trainern und jeder Menge Einspielfilmchen. Die dienen in der Abnehmshow aber nicht zur Denuntiation der Kandidation, denn außer Allgemeinplätzen wie „Meine Mutter war auch dick“ oder „Ich war schon als Kind fett“ sowie unpassenden Bildunterschriften erspart sich Sat.1 glücklicherweise größere Leidensgeschichten – obwohl die Bezeichnung Zwitter für die intersexuelle Martina schon Entgleisung genug ist:

thebiggestloser-martina-sat1

© Sat.1

Allein dieser Ausrutscher macht die Show zum inhumanen Unterhaltungsspaß – doch sie degradiert ihre Glaubwürdigkeit mit weiteren groben Taktlosigkeiten: „Das ist eure allerletzte Chance im Leben“, konstatiert beispielsweise Theiss und verzapft damit nicht nur blühenden Unsinn, sondern handelt auch psychologisch höchst ungeschickt. Die schwergewichtigen Kandidaten, die sich nach jahrelangem Fressen ihrer Krankheit bewusst geworden sind, sich bei The Biggest Loser angemeldet haben und dann nach ein, zwei oder drei Wochen die Show ob schlechter Abnehmergebnisse verlassen müssen, können mit dieser Feststellung wohl kaum ermutigt werden, weiter an ihrem Gewicht zu arbeiten. Zweifelhaft auch, dass die Teilnehmer am Ende jeder Woche wie Schlachtvieh auf die überdimensionale Waage geführt werden und sich beim Wiegen ausziehen müssen, die Leibesmasse der Kandidaten selbst beim Training im Pool mit einer Unterwasserkamera gefilmt wird und wehender Bauchspeck in Zeitlupenaufnahmen die subtile Perversität des Formats unterstreicht – eine Dramaturgie, die nicht nötig gewesen wäre. Die kalorienarme Unterhaltung am Sonntagabend verkommt so zum billigen Voyeurismus, der keinen Spaß macht und viel zu sehr Show ist, als dass die Zielsetzung des Abnehmens im Vordergrund stehen würde.

Dementsprechend müssen die Zuschauer auf praktische Tipps als Mehrwert einer langweiligen Show verzichten. Sportlichen Ehrgeiz sollten Sat.1 und Konsorten in Zukunft also lieber wieder zwischen Kandidaten aufkommen lassen, bei denen die Lebensqualität nicht von einem Sieg in einer fragwürdigen Show abhängt – und bei denen ein körperliches Handicap nicht zum Wettkampf-mittelpunkt gemacht werden kann. Dann bleiben uns auch Tweets wie dieser in Zukunft erspart:

 

The Biggest Loser, sonntags um 17:00 Uhr auf Sat.1