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07. März 2012
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Ein Bus voller Bräute, VOX

„Ein Bus voller Bräute“: Das rollende Bordell

Kalt und trist muss es sein, das Liebesleben von 20 Großstadtsingles, die sich im Bus durch acht deutsche Dörfer kutschieren lassen: Wenn VOX sich auf die Suche nach einem möglichst originellen Stückchen Nachmittagsunterhaltung begibt, kommt nicht viel mehr dabei heraus als Ein Bus voller Bräute, die gefühlt hundertste Kuppelshow im deutschen Fernsehen – die noch dazu vom skandi-navischen Format Babes on the Bus inspiriert ist. Das Konzept sieht vor, dass ein Haufen Singles durch Deutschland reist, mit reichlich Vorurteilen beladen in bayrischen Dörfern und ostfriesischen Küstenkäffern die einheimische Bevölkerung anbaggert und sich dabei verliebt. Was auf den ersten Blick als das frivole Gegen-stück zu manierierten RTL-Kuppelshows wie Bauer sucht Frau, The Bachelor oder Schwiegertochter gesucht scheint, reiht sich nach dieser freundlichen Erst-betrachtung umgehend in die lange Reihe genau dieser peinlichen Begattungsorgien ein. VOX bedient sich ausschließlich bereits erprobter Dramaturgie, z.B. in den Einspielfilmen und bei den stark nach Inszenierung riechenden Ersttreffen. Ohne Drehbuch würde sonst wohl kein normaler Mensch außer Reichweite einer Kamera sinnliche Massagen, Extremsport, Krabbenpulen oder Hypnose als probates Mittel zum ernsthaften Kennenlernen beim ersten Date wählen.

Doch Ein Bus voller Bräute hat noch mehr zu bieten, was bis auf den Bachelor keine Kuppelshow zu leisten vermag: Es lassen sich herrliche Zickenkriege unter den weiblichen Singles hervorrufen. Diese Gelegenheit lässt sich VOX natürlich ebenfalls nicht entgehen. Moderiert und angeführt wird die rollende Beziehungs-kiste von X Factor-Moderator Jochen Schropp, dem seine gerade erst aufgebaute Glaubwürdigkeit weniger wichtig scheint als das schnelle Geld. Zu tun hat er indes kaum etwas: Bis auf die üblichen Begrüßungs- und Abschiedsszenen bekommt der Zuschauer Schropp nicht zu Gesicht. Das ist auch besser so, denn bis auf Plattitüden und Vorurteile kommt dem Moderator wenig Sinnvolles über die Lippen – immerhin spricht Schropp nicht in Alliterationen. Viel besser als die Singlefrauen ist er aber nicht, denn auch die explizit auf der Suche nach Männern vom Land befindlichen Damen lassen so manche Merkwürdigkeit vom Stapel, die ein Schelm schnell als Eigenwerbung etikettieren würde.

Woher VOX den Glauben nimmt, dass noch irgendjemand im deutschen Fernsehen mit sexistischem Abwurf zu ködern sei, ist unergründlich. Viel mehr steckt aber leider nicht hinter diesem Format, denn auch die oberflächlichen Allgemeinplätze über die Suche  nach der echten Liebe können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Bus voller Bräute mehr einem rollenden Bordell als einer Liebessuche gleicht – wenngleich sich die sexuellen Dienstleistungen vor der Kamera glücklicherweise auf Küsschen und Massagen beschränken. So spielt man im Fernsehen also echte Liebe. Ein Geschmäckle verursacht dann auch die Zweit-verwertung einer Kandidatin, die zuvor bereits bei Schwiegertochter gesucht um die große Liebe gebuhlt hatte – nicht zu vergessen auch die prominent platzierten Dialoge über Buchprojekte und Karriereträume. Zugutehalten kann man dem VOX‘schen Neuzugang, dass in der Beziehungsschmiede wenigstens keine unbedarften Menschen vorgeführt werden, sondern der Bus voller Bräute von den Kandidaten eher dazu genutzt wird, sich selbst zu inszenieren. Als ob das deutsche Fernsehen von solchen Shows nicht schon genug hätte, soll der Bus voller Bräute volle acht Wochen tagtäglich durch das Nachmittagsprogramm gurken.

Ein Bus voller Bräute, werktags täglich um 15:00 Uhr auf VOX