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28. Februar 2012
Ein Kommentar

ZDF, ZDFzeit

Die Scherben der ZDF-Dokumentation: „Vorsicht Verschwörung!“

Eine Qualitätsoffensive wollte das ZDF am quotenschwachen Dienstagabend starten, der den Zuschauern mit wechselndem Programmschwerpunkt bisher kaum Profil bot. Mit Brisanz auf höchstem Niveau, komplexen Themengebieten, angesiedelt zwischen Wissenschaft und Boulevard, Bildern ungeahnter Qualität und einem Aktualitätsanspruch, der die Zuschauer in die Fassungslosigkeit treiben solle, umriss ZDF-Chefredakteur Peter Frey höchstpersönlich das Konzept der neuen Dokumentationsreihe ZDFzeit. Das hätte stutzig machen sollen, denn der stiefmütterlich behandelte Sendeplatz am Wochenanfang ist für Projekte derartiger Einzigartigkeit eher ungeeignet. Da trifft es sich gut, dass die Autoren von den großspurigen Plänen ihres Vorgesetzten gar nichts mitbekommen haben: Auf der Jagd nach verlorenen Schätzen, Geheimes Deutschland, Der Spion, den ich liebte – Die unheimliche Macht der Geheimdienste und Ein (fast) perfektes Verbrechen – Der ewige Wettlauf zwischen Gut und Böse sind die reißerischen Titel der ersten vier Ausgaben, die in einem kruden Genremix so ziemlich alle Themengebiete abdecken, die es auch in nächtliche N24-Reportagen schaffen würden – von Aktualität und gesamtgesellschaftlicher Relevanz sind diese Sendungen aber weit entfernt.

Den Bodensatz der Dokumentation hat das ZDF aber erst mit der fünften Folge erreicht: Vorsicht Verschwörung! titelt man und hat damit bereits den Stammtisch auf seiner Seite, schließlich stehen besonders Verschwörungstheorien zur Euro-Krise im Allgemeinen und Griechenland im Speziellen derzeit hoch im Kurs. Doch weit gefehlt, denn lieber langweilt ZDFzeit mit der Mondlandung. Schließlich belegt eine eigens für die Sendung durchgeführte Umfrage, dass 27 Prozent der Deutschen die NASA-Mission noch immer für eine Lüge halten. Ein fantastisch investigativer Beitrag, wurde doch jeder angebliche Gegenbeweis schon vor Jahrzehnten widerlegt. Das muss auch das ZDF schließlich einsehen, befragt nach einem historischen Rückblick noch rasch Stefan Aust und Roland Emmerich und stellt dann fest: Die Mondlandung hat stattgefunden. Ebenso ergeht es Verschwörungs-theorien zum Tode von Prinzessin Diana, zu den Anschlägen auf das World Trade Center und dem Mythos, die DDR-Kartoffelkäferplage sei eine bizarre amerikanische Biowaffe.

Übertroffen wird dieses traurige Kulturprogramm nur noch durch ein Ranking, in dem Die drei schönsten Verschwörungstheorien vorgestellt werden: Besonders UFOs in Roswell, die Theorie, dass Beatles-Platten rückwärts abgespielt beabsichtigt geheime Botschaften transportierten und die Hitler-Flucht nach Argentinien erfreuen sich in der Redaktion großer Beliebtheit. Doch wo bleibt da der Mehrwert für den Zuschauer? Der ist schlicht und ergreifend nicht vorhanden. Handwerklich kann sich ZDFzeit zwar sehen lassen, hinter dieser Fassade bleibt aber nur inhaltsloses Archivmaterial, das durch O-Töne und Meinungsumfragen nicht sonderlich an Substanz gewinnt. Stefan Aust, ehemaliger Chefredakteur des Spiegel, vom ZDF gerne auch als Verschwörungsexperte bezeichnet, versteht es zwar, in kurzen Zwischensequenzen etwas Licht in das Dunkel der Verschwörungs-theorien zu bringen, die wirklich spannenden Fragen klärt er aber nicht: Die Tragweite, die Auslösung und die gesellschaftliche Akzeptanz derartiger Theorien bleiben dem Zuschauer unbekannt. Vorsicht Verschwörung! bietet somit nicht mehr als grundsolide Unterhaltung und eine interessante Einführung in die Welt der Verschwörungstheorien, ist aber definitiv keine gute Dokumentation. Die Themen der nächsten zwei Wochen lassen ebenfalls kaum Gutes ahnen: Um Geheimnisvolle Unterwelten und Die Unbesiegbaren – Rückkehr der Seuchen kümmern sich die nächsten Ausgaben der ZDFzeit. Das kann ja heiter werden.

ZDFzeit, dienstags um 20.15 Uhr im ZDF